Abstract |
Die Erkrankungshäufigkeit an Rückenschmerzen hat in den letzten Jahrzehnten
stetig zugenommen und betrifft nahezu alle Schichten der Bevölkerung (Kohlmann & Schmidt, 2005). Bei etwa 4 von 10 Patienten mit akuten Rückenschmerzen
entwickeln sich nachfolgend chronische Beschwerden (Hasenbring & Klasen, 2005; Raspe & Kohlmann, 1993). Diese verursachen auch den größten Teil der Kosten (Hildebrandt, Müller, & Pfingsten, 2005). Zur Entwicklung chronischer Rückenbeschwerden tragen nicht nur somatische, sondern auch psychische und soziale Faktoren bei. Dies kommt im inzwischen allgemein anerkannten bio-psychosozialen Chronifizierungsmodell zum Ausdruck, welches auch in den aktuellen Leitlinien zur Diagnostik und Behandlung von Rückenschmerzen verankert ist. Nach Hasenbring & Klasen (2005) gehören depressive Stimmung, chronisch anhaltende Belastungen im privaten oder beruflichen Alltag sowie ungünstige Formen der Schmerzverarbeitung zu den zentralen Mediatoren der Chronifizierung. Die möglichst frühzeitige Erfassung dieser Risikofaktoren mittels eines kurzen Screeningfragebogens könnte dazu beitragen, eine Gefährdung der Erwerbstätigkeit („Rehabedarf“) früher als bisher zu erkennen. Die Einleitung gesundheitserhaltender bzw. - fördernder Maßnahmen könnte dann ebenfalls früher als bisher erfolgen. Des Weiteren wäre ein Einsatz zur Kontrolle des Reha-Erfolges aufgrund der Kürze auch möglich.
Migranten sind in ihrem Zielland meist besonderen gesundheitlichen, sozialen und ökonomischen Belastungen ausgesetzt (Geiger & Razum, 2006; Lampert, Saß, Höfelinger, & Ziese, 2005; Razum, Geiger, Zeeb, & Ronellenfitsch, 2004). Diese Belastungen können nach dem bio-psychosozialen Krankheitsmodell die Entwicklung chronischer Rückenschmerzen mitbedingen. In der Forschung zu Migration und Gesundheit gibt es mittlerweile Studien u.a. zum Krebsrisiko (Zeeb, Razum, Blettner, & Stegmaier, 2002), zur koronaren Herzkrankheit (Razum & Zeeb, 2000), zur Mütter- und Säuglingssterblichkeit, sowie zur Karies- und Übergewichtprävalenz von Migrantenkindern (vgl. Spallek & Razum, 2007). Forschung zum chronischen Rückenschmerz wurde bisher vernachlässigt.
Mit diesem Projekt könnte man beide Forschungsrichtungen zusammenführen und sowohl einen Screening-Fragebogen zur Entdeckung psychosozialer Risikofaktoren für Chronifizierung für Deutschsprachige und für Migranten entwickeln und damit erste Hinweise liefern, inwieweit die bisher bekannten Risikofaktoren auch für Personen mit Migrationshintergrund zutreffend sind.
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